Als Naturfotograf wollte Vincent die Schönheit der tibetischen Natur mit der Welt teilen. Sein Nikon-Spezialprojekt führte ihn in eine der abgelegensten und unberührtesten Regionen Tibets, in der Hoffnung, den Schneeleoparden, ein bekanntlich scheues und zurückgezogenes Tier, zu fotografieren.

F: Warum haben Sie Tibet für Ihr Spezialprojekt ausgesucht?

Tibet ist Heimat einiger der wildesten Tiere, und nur sehr wenige Menschen leben dort. Ich habe viele Bücher über Tibet und seine Tierwelt gelesen, insbesondere die des amerikanischen Biologen George Schaller, der in den 1970er und 80er Jahren auf dem tibetischen Plateau gearbeitet hat.

Trotz Schallers Arbeit ist Tibet relativ unbekannt und seine Tierwelt ist daher weitgehend undokumentiert. Sie finden Tiere, die es nur in dieser Region und nirgendwo anders auf der Welt gibt.

Ich wollte insbesondere Aufnahmen des gefährdeten Schneeleoparden und unbekannter Tiere wie dem Manul machen.

F: Was waren die größten Herausforderungen bei der Arbeit in Tibet?

Tibet ist unglaublich schwer zugänglich – sowohl aus geopolitischer Sicht als auch in praktischer Hinsicht, aufgrund seiner Höhenlage. Wenn Sie über einen Trip in ein Land wie Tibet nachdenken, lassen Sie sich unbedingt von Forschern beim Planen der Route helfen. Es war unmöglich, eine zuverlässige Karte in Tibet zu finden, sodass ich mit Google Earth meinen Stand- und Zielort verfolgen musste.

Es ist denke ich auch wichtig, zu versuchen, mit jemandem zusammen zu reisen. Ich bin einmal mit jemandem gereist, den ich da draußen getroffen habe und der mir auf alle möglichen Arten geholfen hat – vom Bekommen eines Telefonsignals bis hin zum Errichten eines Basislagers. Ich bin vor Kurzem mit einem Assistenten und einem weiteren Freund nach Tibet zurückgekehrt. Dieses zusätzliche Augenpaar war unbezahlbar bei der Suche nach dem Schneeleoparden, der unglaublich gut getarnt und schwer zu erkennen ist, wenn man ihn in den Bergen sucht.

F: Was haben Sie bei Ihrem Tibetbesuch gelernt?

Ich habe viel über mich selbst gelernt. Der Mensch hat eine sehr seltsame Beziehung zur Natur – es liegt eine Kluft zwischen uns. Wenn ich an Projekten arbeite, gehe ich gerne an die Grenzen und versuche, diese Lücke zu schließen. Das ist nicht einfach, und oft habe ich Angst vor dem Gelände, dem Klima und sogar den Tieren. Aber es ist wichtig, dass die Menschen verstehen, dass sie nicht die Herren der Welt sind.

Ich schätze es, regelmäßig zurück in die Natur gehen zu können und ohne meinen Wohnkomfort zu leben, unter denselben Bedingungen wie diese Tiere. Am Ende des Tages sind wir alle Tiere.

F: Was war der denkwürdigste Moment der Reise?

Ich hatte ein unglaublich nahes Zusammentreffen mit einem wunderschönen Schneeleoparden. Ich habe eine Mutter mit ihrem Jungtier aufgespürt und bin zwei Tage lang bei ihnen geblieben und habe sie hinter einem Felsen beobachtet. Zuerst hat sie versucht, Blauschafe, das Hauptbeutetier des Schneeleoparden, zu jagen. Als das nicht geklappt hat, ist sie zu einer Schlucht weitergezogen, und ich konnte ihr dorthin folgen.

Ich war etwa 100 Meter von ihr entfernt, was gleichzeitig unglaublich und unheimlich war. Dann habe ich gemerkt, wie sie meinen Schatten bemerkte. Ich habe mich sofort auf den Boden fallen lassen, sie kam immer näher, und mir ist klar geworden, dass sie mich jeden Moment angreifen könnte. Nach kurzer Zeit bin ich aufgestanden, um ihr zu zeigen, dass ich ein Mensch und kein wildes Yak oder potenzielles Beutetier war. Sie ist weggelaufen, doch ihr kurz gegenüberzustehen, war ein wundervoller Moment. Ich habe viel über Schneeleoparden gelesen, aber von niemandem eine solche Geschichte gehört. Sie wissen alles über ihre Berge – meistens sehen sie dich, du sie aber nicht. Diesmal haben wir einander gesehen.

F: Was fasziniert Sie an Schneeleoparden?

Ich liebe es, großen Raubtieren wie Bären und Wölfen gegenüberzustehen – große, wunderschöne Tiere vor dir zu sehen, hat einen gewissen Nervenkitzel. Noch aufregender wird es, wenn es eine Herausforderung ist.

Ich war drei Mal in Tibet, bevor ich den Schneeleoparden zum ersten Mal gesehen habe. Ich hoffe, eines Tages den sibirischen Tiger zu sehen – bei diesem Job weiß man nie, wem oder was man sich gegenübersehen wird.

F: Welche anderen Tiere würden Sie gerne einmal fotografieren?

Mich fasziniert der Manul, so etwas wie eine Kreuzung zwischen Schneeleopard und Wildkatze, da er ein so unbekanntes Tier ist. Es gibt aber viele einzigartige Tiere in Tibet, etwa Antilope, Wildesel und wildes Yak. Es gibt nur 15.000 wilde Yaks in Tibet. Sie gehören zu den gefährdeten Tierarten.

F: Wie planen Sie solche Projekte?

Man muss unbedingt Nachforschungen anstellen, bevor man auf einen Trip dieser Art geht. Ich lese so viele Bücher wie möglich, wobei nicht viel über das Gebiet und seine Tierwelt veröffentlicht wurde. Das hat zwar seinen Reiz, bedeutet aber auch, dass mein Wissen einige Lücken hatte, mit denen ich klar kommen musste. Insbesondere der Manul ist eine Spezies, über die die Welt nur sehr wenig weiß.

F: Welche Faktoren beeinflussen die Wahl Ihrer Ausrüstung?

Es ist ein großes Privileg, auf einen Schneeleoparden zu treffen, also möchte man die beste Kamera und Ausrüstung dabei haben. Man muss alles optimieren, um keinen Moment zu verpassen. Deshalb schätze ich die Qualität und Zuverlässigkeit der Nikon D5 und D500.

Man könnte annehmen, das Wetter sei ein wichtiger Faktor bei Aufnahmen bei minus 35 Grad, doch sämtliche Nikon-Ausrüstung, die ich eingesetzt habe, hat in diesem Klima hervorragend gearbeitet. Ich wusste, dass ich in Tibet stets unterwegs sein würde und das in anspruchsvollem Gelände, weshalb kleine und leichte Kameramodelle wichtig waren.

F: Welchen Rat würden Sie Fotografen geben, die schwer fassbare Tiere wie den Schneeleoparden aufnehmen möchten?

Das Wichtigste ist, die Tiere zu respektieren und sie nicht zu stören – dir selbst und ihnen zuliebe. Sie können gefährlich sein. Stellen Sie Nachforschungen über Ihr Motiv an und lernen Sie seine Gewohnheiten und Verhaltensweisen kennen. Ich lese gerne so viel wie möglich über die Tiere, spreche mit anderen Fotografen und Forschern und lerne aus ihren Erfahrungen.

Bei Shootings nutze ich natürliche Lichtverhältnisse zu meinem Vorteil. Ich rate auch dazu, eine Reihe verschiedener Bilder zu machen. Machen Sie nicht immer nur die gleiche Aufnahme.

F: Was bedeutet es für Sie, europäischer Nikon Ambassador zu sein und an einem solchen Projekt arbeiten zu können?

Ich bin ein treuer Nikon-Anwender und benutze Ausrüstung von Nikon, seit ich 12 Jahre alt bin. Ich habe eine gute Beziehung zu der Marke und bin stolz, ein europäischer Nikon Ambassador zu sein. Als Fotograf ist es lohnenswert und aufregend, die Möglichkeit zu erhalten, ein solch ehrgeiziges Projekt durchzuführen, und die entsprechende Unterstützung zu bekommen.